Cromwell: Wilder Thymian + Honig


Von Queenstown aus sind wir 53 Kilometer gen Osten bis ins Herz von Otago gefahren. Die Region ist für ihr Microklima bekannt, das immer ein bisschen sonniger und wärmer ist als ringsherum auf der Südinsel, und als Obstkammer Neuseelands. Seit einiger Zeit hat sie sich auch einen Namen als Weinbauregion (neben den bekannten – Marlborough und Hawke’s Bay) gemacht.

Vor 150 Jahren sah es hier jedoch noch ganz anders aus. Die Gegend war wild und kaum besiedelt, statt des großen Stausees flossen hier zwei wilde Flüsse und die Obstplantagen und Weinberge gab es noch nicht. Aber Gold! 1862 entdeckten zwei junge Männer die erste Ader und danach gab es kein Halten mehr. Innerhalb weniger Monate kamen Zehntausende nach Central Otago und was sie mit den Bergen anstellten, um das Gold aus dem Gestein zu waschen, kann man sich dort heute noch anschauen.

Zum Beispiel in Bannockburn, einem Dorf, das von Cromwell aus ein paar Kilometer den Hügel hinauf liegt. Das einstige Schürfgelände sieht aus wie Badlands. Zwischen den kargen Hügeln, deren Felsgestein nur durch wenige, hartgebackene Erde zusammengehalten wird, liegen immer noch die einst abgetragenen Steine zu mannshohen Haufen gestapelt. Neben den großen Löchern (offene Minen, in die man einfach so hineinspazieren kann) gibt es viele, viele kleine, in denen Hasen leben. Und obwohl die Frühjahrssonne noch nicht viel Kraft hat, gibt sie schon einen Vorgeschmack darauf, wie heiß es hier im Sommer sein muss.

Bei genauerem Hinsehen merken wir: Die Landschaft ist karg, aber nicht tot. Hier wachsen überall holzige, gerade mal knöchelhohe Büsche, die an manchen Stellen einen üppigen rosafarbenen Blütenteppich bilden. Wilder Thymian! Plötzlich erkennen wir auch den würzigen Geruch, der in der Luft hängt, sobald der Wind nachlässt. Schnell haben wir ein kleines Sträußchen für unsere Buskombüse gesammelt.

Auf dem Rückweg nach Cromwell sehen wir ein Schild „Honig“ am Straßenrand. Wieder mal: Vollbremsung. Und die lohnt sich. In einem kleinen, offenen Holzschuppen stehen auf einem Brettchen ein Dutzend Honigtöpfe: „Lindis Gold. Bee Keeper Artisan Honey“ steht darauf. 500 Gramm kosten $7, das Kilo $12. Dazu ein Kistchen mit Geldschlitz und ein Schild „Danke für Ihre Ehrlichkeit“. Es gibt drei Sorten: Clover, Vipers Bugloss (muss noch herausfinden, was das ist) – und Thymian. Der muss es natürlich sein.

Zurück im Bus, stecken wir sofort einen Finger in die cremig-sandgelbe Masse und lecken ihn genüsslich ab. Der Honig schmeckt nicht nur intensiv nach Thymian, er hat auch den Duft konserviert, den wir eben bei unserem Spaziergang durch die blühenden Badlands in der Nase hatten.

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