Blick auf den Fluss

Whanganui River: Hausgemachter Lemon Curd


Meine erste Begegnung mit dem Whanganui River hatte ich 2006 – im Kino (und zwar in diesem tollen Sofa-Kino in Wanaka). Ich sah den Film „River Queen“, der Mitte des 19. Jahrhunderts spielt. Darin verlieben sich eine junge Europäerin und ein Maori, doch als es zu einem bewaffneten Konflikt zwischen den Ureinwohnern und den Kolonisten kommt, verschwindet er und nimmt das gemeinsame Kind mit sich. Die genaue Handlung erinnere ich nicht mehr, die Dialoge waren auch wirklich schwer zu verstehen. Aber eine Szene ist unvergessen: Als die Protagonistin auf der Suche nach ihrem Kind von einigen Maori im Kanu den Fluss hinauf gebracht wird. Dieser Fluss! Dunkel und nebelverhangen fließt er durch eine Schlucht zwischen dicht bewaldeten Bergen. Irgendwo in diesem Urwald verbergen sich tätowierte Krieger, doch es ist nichts zu sehen, nur das rythmische Eintauchen der Paddel ist zu hören.

Ich habe mich damals gefragt, ob dieser Fluss tatsächlich (noch) so aussieht, oder ob da per Computer oder anderen Tricks nachgeholfen wurde. Als wir ihn jetzt entlang fahren, haben wir einen besonders sommerlichen Tag erwischt. Die Sonne brät herunter und der Fluss strömt in einem trägen Braun an uns vorbei. Die mystische Stimmung des Films erkenne ich nicht wieder – wohl aber die nahezu unberührte Natur. Bis 1934 waren Dampfschiffe hier die wichtigsten Verkehrsmittel, dann wurde die Straße eröffnet, die wir heute benutzen. 14 Kilometer außerhalb von Whanganui zweigt sie vom SHW 4 ab und führt über 65 Kilometer am Fluss entlang. Allerdings nicht direkt am Ufer, der Fluss liegt stets tiefer. Dadurch bieten sich immer wieder sagenhafte Ausblicke.

Wir kommen durch Dörfer, deren Maori-Namen weltläufige Zweitnamen verpasst wurden (Hiruharama heißt auch Jerusalem, außerdem fahren wir noch durch London, Athen und Corinth), kommen an Maraes vorbei (Versammlungshäuser der Maori), bröckelnden Kalk-Klippen, in denen noch ganze Muscheln erkennbar sind, begegnen drei Radlern und sehen Kanuten auf dem Fluss. Und erreichen schließlich Pipiriki. Von hier aus geht es nicht mehr entlang des Flusses, sondern – wie früher – nur noch mit dem Boot weiter. Der kleine Shop auf dem Campingplatz der winzigen Ortschaft ist zugleich Informationszentrum (man erfährt hier alles von der Geschichte des Flusses bis zu Wanderungen in der Region), nimmt Buchungen für die Bootstour entgegen und bietet mangels Supermarkt ein Mini-Sortiment an Lebensmitteln an.

Im Kühlschrank entdecke ich Gläser mit Lemon Curd. Das Etikett sieht selbstgemacht aus, dazu klebt es auf einem alten Marmeladenglas und tatsächlich: Es wurde von einer Frau aus dem Ort hergestellt. Als ich nach den Zutaten frage, holt eine der beiden netten Ladies ihr eigenes, angebrochenes Glas und einen Löffel und lässt mich probieren. Es schmeckt herrlich zitronig-fruchtig, die cremige Süße bleibt angenehm im Hintergrund. Im Gegensatz zu den Zitronen, die wir in Deutschland kennen, schmecken die hiesigen nicht einfach nur sauer, sondern haben ein ganz eigenes Aroma (das haben wir ja schon auf dem tollen Campingplatz in Collingwood festgestellt, als wir welche selbst pflücken durften). Meine Enttäuschung, dass die „River Queen“ – das einzige Cafe an der Whanganui River Road – heute geschlossen ist, ist vergessen.

Dies sei ein Rezept ganz ohne Ei, erfahre ich noch, als ich ein Glas kaufe. Im Klartext heißt das: Dieser Aufstrich besteht aus Butter und Zucker, abgeschmeckt mit Zitronensaft. Egal! Was so gut schmeckt, ist jede Kalorie wert. Tatsächlich weiß ich nicht, ob ich bis zum Frühstück warten kann. Fast wünschte ich mir, wir hätten Toastbrot, das wir uns frisch geröstet mit Lemon Curd bestreichen könnten.

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