Kulinarische Weltreise: Wir backen Bagel wie in Montréal (#Fernwehkochen)

Diesen Blogpost schreibe ich euch aus dem Risikogebiet Berlin-Kreuzberg. Es besteht also Grund zur Annahme, dass die Coronapandemie uns einen fiesen Winter bescheren wird. Sofort ploppt da eine Erinnerung auf: Wie wir während des Lockdowns wieder und wieder zum Kühlschrank gepilgert sind. Kommt euch das bekannt vor? Lassen wir es diesmal gar nicht erst so weit kommen! Weder wollen wir nochmal komplett zuhause bleiben noch aus reiner Übersprungshandlung einfach irgendwas essen.

Lasst uns das Essen statt dessen feiern und eine kulinarische Weltreise draus machen!

In den nächsten Wochen und Monaten stellen wir euch hier Rezepte vor, die uns an vergangene Reisen erinnern. Wir wollen euch Reisegeschichten erzählen und euch mitnehmen in andere Länder – zumindest in Gedanken und mit eurem Geschmackssinn. Im besten Fall geben wir damit auch gleich noch unserem Immunsystem einen Frischekick!

New York, New York: Viel zu lange her, dass ich Dich besucht habe!
New York, New York: Wann sehe ich Dich wieder?

Die besten Bagel gibt es in New York. Oder?

Wenn ich Bagel esse, muss ich IMMER an New York denken. Selbst wenn sie nicht mit Frischkäse und Räucherlachs belegt sind: Bagel sind für mich einfach so New York. Dabei wurden sie ursprünglich von jüdischen Einwanderern aus Osteuropa mit in die USA gebracht. Auch die kleine Co-Jägerin liebt dieses Gebäck, das (zumindest bei unserem Berliner Stammbäcker) perfekt rund ist, mit einer Oberfläche, die überraschend glatt und glänzend in der Hand liegt und beim Reinbeißen einen leichten Widerstand bietet, ehe man das weiche Innere auf der Zunge spürt. Die Krume ist locker und trotzdem ist das Gebäck ziemlich kompakt, weshalb es viel mehr sättigt als zum Beispiel eine Brezel (ein wichtiger Faktor, wenn das Kind unterwegs BÄRENHUNGER bekommt).

Einen Monat lang habe ich während meines Volontariats an der Burda Journalistenschule Wahlstation bei der dpa im Big Apple machen dürfen. Damit ging für mich ein Traum in Erfüllung – und das nicht nur, weil ich damals süchtig nach „Sex & The City“ war. Ich erinnere mich noch genau, wann ich die Zusage erhielt: In einem Internetcafé auf den Perhentian Islands, das sind kleine Taucherparadiese östlich von Malaysia, auf die sich 2003 noch kaum ein Tourist verirrte. Einer inneren Eingebung folgend habe ich an diesem Tag meine Mails gecheckt – und sprang plötzlich jubelnd vor dem Computer herum. Da guckten selbst die zurückhaltenden Malayen amüsiert.

Bagel Rezept New York Metro 116 Street (c) JaegerDesVerlorenenSchmatzes

New York City in der Vorweihnachtszeit: Schneesturm, Schneematsch, eiskalte Füße

Sechs Monate später war ich in New York. In der Vorweihnachtszeit, die im Fernsehen immer so glamourös aussieht: Schlittschuhlaufen unter dem gigantischen Christbaum am Rockefeller Center, Shopping bei Macy’s, sogar die große Thankgiving Day Parade habe ich miterlebt. Von dem eisigen Wind, ach was: Schneesturm!, der einen zu dieser Jahreszeit gerne vor sich her durch die Hochhausschluchten treibt und die Stiefel durchweicht (an Manolos ist hier gar nicht zu denken), war in meiner Lieblingsserie jedoch nie die Rede. Aber selbst wenn: Es hätte mich nicht abgehalten.

Die dpa hat ihr Büro im United Nations Headquarter, das ich jeden Morgen voller Stolz durch den Mitarbeitereingang betrat, vorbei an der Plastik einer überdimensionalen Pistole mit verknotetem Lauf auf dem Vorplatz. Das dpa-Büro hat zwar die Größe einer Schuhschachtel, in die man trotzdem irgendwie vier oder fünf Arbeitsplätze gequetscht hat, dafür traf man auf dem Pressestockwerk Journalist*innen aus aller Welt. Außerdem hielt ich mich dort ohnehin höchstens die Hälfte der Zeit auf, denn ich durfte von Konzerten und Charity-Veranstaltungen berichten. Auf letzteren war ich die wahrscheinlich Einzige, die weder Silikon noch eine It-Bag spazieren trug.

Wichtigstes Accessoire: Der Hausausweis!
Wichtigstes Accessoire: Der Hausausweis!

Beim Weihnachtsessen mit den dpa-Kolleg*innen in einem fancy Restaurant, das wiederum sehr gut in meine Lieblingsserie gepasst hätte, aß ich mein erstes argentinisches Asado, das uns von den Kellnern, die mit riesigen Fleischspießen umher gingen, direkt am Tisch in saftigen, perfekt gegrillten Scheiben auf die Teller gesäbelt wurde. Im Gegensatz zu Carrie, die ihren Lifestyle mit nur einer Zeitungskolumne pro Woche easy finanziert, überstieg der Restaurantbesuch mein Volontärsbudget allerdings empfindlich.

Mittagessen im Delegates Dining Room, United Nations Headquarter, New York City

Einer meiner Lieblingsorte war die Mensa im UN-Gebäude: Die Mittagsmenüs, die es dort zur Auswahl gab, nahmen mich mit auf immer neue Reisen durch die Kulturen der Welt, und beim Essen, umgeben von internationalem Sprachengewirr, Anzug- und Kostümträger*innen, fühlte ich mich wie auf diplomatischer Mission. Inzwischen kann man dort anscheinend auch als Tourist essen gehen, man muss sich nur vorher dafür anmelden. Auf den Fotos im Internet sind allerdings weiß eingedeckte Tische zu sehen, das war damals definitiv nicht so – und deutlich günstiger war es auch 🙂

Lunch mit Ausblick: Die Kantine im UN Headquarter
Lunch mit Ausblick: Die Kantine im UN Headquarter
  • Delegates Dining Room, 1st Avenue zwischen 45th und 46th Streets, direkt am East River. Hier könnt ihr einen Tisch reservieren, sobald es die Corona-Situation wieder zulässt.

Komischerweise kann ich mich an keinen einzigen Bagel erinnern, den ich in New York gegessen hätte. Obwohl ich das bestimmt getan habe! Vielleicht in einer der Studentenkneipen rund um die Columbia University, in deren Nähe ich wohnte. Oder als kleine Stärkung, bevor ich mit Bille, einer Freundin meines Freundes, die gerade ein Stipendium als Artist in Resicence in New York hatte, auf eine Künstlerparty ging.

In Montréal wurde uns nicht nur beim Tanzen heiß: Im August hatte es dort 38°C. Von wegen in Kanada ist es immer kalt!
In Montréal wurde uns nicht nur beim Tanzen heiß: Im August hatte es dort 38°C. Von wegen in Kanada ist es kalt!

Ein Muss für Foodies in Montréal: Bagel frisch aus dem Ofen probieren

Ganz genau vor Augen habe ich jedoch die Bagel-Bäckerei in Montréal, vor der die Leute, und natürlich auch ich, Schlange standen, um die womöglich besten Bagel Kanadas frisch aus dem Ofen zu kaufen. Der Gründer kam 1919 aus Russland nach Kanada und wollte als Bagelbäcker arbeiten. Aber zu der Zeit war das Gebäck dort noch unbekannt – so erzählt es zumindest sein Enkel – woraufhin er kurzerhand selbst die erste Bagel-Bäckerei Montréals gründete. 100 Jahre später wird dort noch immer nach derselben Rezeptur gebacken. Die Handgriffe der Bäcker sind so flink, dass man kaum mit den Augen folgen kann. Und die Schlange vor der Tür oft so lang, dass die Bagel raus aus dem Ofen, rein in die Tüte und direkt dem nächsten Kunden gereicht werden.

Die Bagel, die ich in Montréal aß, sahen ganz anders aus als ihre US-amerikanischen Namensvettern. Zum einen sah man ihnen an, dass sie von Hand geformt worden waren. Der Teigkringel war etwas dünner, das Loch in der Mitte dafür größer und der entscheidendste Unterscheid: Ihre Oberfläche knusprig. Dass das so ist, verdanken sie offenbar einem Schuss Honig oder Malzsirup im Kochwasser, in dem man die Teigkringel kurz brüht, ehe man sie in den Ofen schiebt. Wie genau das funktioniert, erzählen wir euch weiter unten im Rezept!

Bagel Rezept Montreal Fairmont (c) JaegerDesVerlorenenSchmatzes

Seit Kurzem besitze ich, zum ersten Mal in meinem Leben, eine Küchenmaschine, mit der ich auf Anhieb den besten, fluffigsten, zartesten Hefeteig meines Lebens hinbekommen habe. Obwohl auch der Bagelteig mit Hefe gebacken wird, hatte meine Maschine damit jedoch ihre Mühe. Erst war er zu trocken und bröselig, nachdem ich etwas mehr Wasser zugegeben hatte zu schmierig und klebrig und dann brauchte er echt lange, bis er endlich aufging.

Glatt wie ein Babypopo: So können die Bagel rein ins Wasser.
Glatt wie ein Babypopo: So können die Bagel rein ins Wasser.

Letztlich sah der Teig aber doch ganz anständig aus und es gelang der kleinen Co-Jägerin und mir, recht gleichmäßige Kringel zu formen. Diese müssen, das ist super wichtig, eine glatte Oberfläche haben. Denn sonst dringt das Kochwasser, in das man die Bagel für ein paar Minuten legt, ehe man sie in den Backofen schiebt, in den Teig ein und macht ihn matschig, statt ihn einfach nur kurz zu brühen (das ist uns bei unserem ersten Versuch vor einigen Monaten passiert…). Wichtig ist auch, dass das Wasser nur ganz leicht kocht und die Bagel eher ziehen als in wilden Blubberblasen zu tanzen – ähnlich wie bei Semmelknödeln.

Und danach sofort in die Schüssel mit Sesam oder Sonnenblumenkernen legen!
Und nach dem Brühen sofort in die Schüssel mit Sesam oder Sonnenblumenkernen legen!

Das Bagel-Rezept aus Montréal, das wir euch hier (übersetzt) vorstellen wollen, haben wir ausgerechnet in der New York Times entdeckt. So schließt sich der Kreis 🙂

Zutaten für 18 Bagel nach dem Montréaler original Rezept:

  • 360 ml warmes Wasser
  • 2 Pk Hefe
  • 1 TL Zucker
  • 2 TL Salz
  • 1 Ei
  • 1 Eigelb
  • 60 ml Öl
  • 110 g Honig
  • 1100 g Mehl
  • Für das Kochwasser: Weitere 80 g Honig oder Malzsirup
  • Zum Bestreuen je nach Geschmack Sesam, Mohn, Haferflocken, Sonnenblumenkerne, …

Zubereitung

  1. Die Hefe im warmen Wasser auflösen, den Zucker dazu geben. 5-10 Minuten abwarten, bis sich Bläschen bilden.
  2. Salz, Ei, Eigelb, Öl und Honig darunter mischen und gut durchmixen.
  3. Das Mehl hinzugeben und mit dem Knethaken so lange kneten, bis ein gleichmäßiger, elastischer Teig entstanden ist.
  4. Abgedeckt an einem warmen Ort etwa 1h gehen lassen.
  5. Den Teig in 18 gleichmäßig Teile schneiden und daraus Bagel formen. Für Anfänger ist folgende Methode für einen gleichmäßig runden und glatten Bagel am einfachsten: Formt eine Kugel, drückt sie flach, stecht mit einem Kochlöffel ein Loch in die Mitte und bewegt den Löffelstiel dann in dem Loch rührend herum, bis es groß genug geworden ist. Die Bagel-Bäcker in Montreal allerdings rollen eine Wurst aus, legen die Enden dann übereinander und verbinden sie nahtlos, indem sie nochmal mit der Handfläche darüber rollen. Wenn man das ein paar tausend Mal wiederholt hat, ist es ein Kinderspiel 😉
  6. Lasst die Bagel jetzt weitere etwa 15 Minuten gehen.
  7. Bringt währenddessen Wasser in einem Topf mit großem Durchmesser zum Kochen und gebt den Honig oder Malzsirup hinzu.
  8. Gebt eure Sesamkörner, Mohn oder womit ihr eure Bagel bestreuen wollt, in tiefe Teller.
  9. Legt jeweils 2, 3 Bagel gleichzeitig vorsichtig ins Wasser. Sie sollten genug Platz zum Schwimmen haben und sich nicht berühren. Wenn sie an die Wasseroberfläche treiben, dreht sie um.
  10. Nehmt sie einzeln mit einem Schaumlöffel heraus, legt den Bagel sofort in den tiefen Teller, in dem sich euer Sesam o.ä befindet und danach auf ein mit Backpapier belegtes Backblech.
  11. Backt die Bagel in einem auf 220°C vorgeheizten Ofen für ca. 20 Minuten. Oder lasst sie abkühlen und friert sie ein – dann könnt ihr euch frisch gebackene Bagel zum Frühstück zaubern, wann immer ihr Appetit darauf habt!

Bagel Rezept Montreal New York -1(c) JaegerDesVerlorenenSchmatzes

Natürlich haben wir einen Teil der Bagel sofort gebacken und gegessen und ich muss sagen: Dafür, dass es erst unser zweiter Anlauf war, fand ich sie gar nicht schlecht!

An welchen Ort auf der Welt erinnern euch Bagel? Habt ihr schon mal selbst welche gebacken und Tipps für uns, wie sie noch besser gelingen? Womit belegt ihr sie am liebsten?


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Kommentare

2 Antworten zu „Kulinarische Weltreise: Wir backen Bagel wie in Montréal (#Fernwehkochen)“

  1. Avatar von Outdoormädchen Corinna

    Liebe Julia,
    das Rezept muss ich unbedingt ausprobieren. Danke! Ich hab Bagel noch nie selbst gebacken, aber ich esse sie am liebsten mit Frischkäse und Schnittlauch.
    Ganz nüchtern erinnern sie mich an meine Studienzeit in Bochum. Dort gibt’s sie in der Cafete. 🙂

    Liebe Grüße
    Corinna

  2. Avatar von Julia
    Julia

    @Corinna
    Coole Cafete! Bei uns gab’s nur die üblichen Schrippen mit Wurst oder Käse und nem Alibi-Salatblatt 😜

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