Teeblattsalat - eine burmesische Spezialität

Bagan, Myanmar: Tempel, Tempel, Teeblattsalat


Wir sind die Nacht durchgefahren. In einem Reisebus, dessen Sitzabstände nicht auf riesige Europäer ausgelegt sind und in dem non-stop Seifenopern gezeigt wurden. Auch ohne ein Wort Burmesisch zu verstehen, konnten wir der Handlung mühelos folgen. Doch die Strapazen der schlaflosen Nacht sind vergessen, als wir gegen vier Uhr früh die Ortschaft Nyaung U erreichen.

Von einer der wunderbar altmodischen Fahrradrikschas mit Doppel-Beifahrersitz, die an der Bushaltestelle warten, lassen wir uns zum Hotel bringen. Rücken an Rücken sitzen der Co-Jäger und ich darauf, unsere Rucksäcke auf dem Schoss, während unserer Fahrer mit einer Kraft in die Pedale tritt, die so gar nicht zu seinem zierlichen Körperbau passt. Nur das Knirschen der Reifen im Sand ist zu hören und das leise Knarzen der Pedale, als wir durch den schlafenden Ort rollen. Die Nachtluft ist so warm, dass wir die Hitze des Tages in der legendären Ebene von Bagan bereits erahnen können.

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Auf einer Fläche von 36 Quadratkilometern stehen hier, in einer der größten archäologischen Zonen Südostasiens, über zweitausend steinerne Pagoden: manche gerade einmal mannshoch, andere von der Größe eines Palastes, die ältesten fast tausend Jahre alt. Wir können es nicht erwarten, sie zu sehen – und wollen die Morgenfrische auskosten, bevor wir Schlaf nachholen. In unserem Hostel, das wir am Vortag telefonisch reserviert haben, können wir unser Gepäck abstellen und trotz der frühen Stunde Fahrräder leihen. Vom freundlichen Rezeptionisten bekommen wir sogar noch eine handgezeichnete Karte und ein paar Tipps mit auf den Weg.

Und dann beginnt das Abenteuer: Unbeleuchtete Sandwege, unbeleuchtete Fahrräder und keinerlei Beschilderung. Dafür Pagoden, Pagoden, Pagoden.

Mit der Pferdekutsche, hinter der wir auf Empfehlung unseres Rezeptionisten her radeln, können wir leider nicht mehr mithalten, nachdem sie von der befestigten Straße auf einen sandigen Pfad abgebiegt. Zu dem Zeitpunkt wissen wir blöderweise auch nicht mehr, wo auf unserer Karte wir uns eigentlich befinden. Tapfer strampeln wir weiter und geraten mächtig ins Schwitzen, denn der Himmel wird unaufhaltsam heller und wir haben den Tempel, auf dessen oberster Plattform wir den Sonnenaufgang erleben wollen, noch immer nicht gefunden.

Auf den allerletzten Drücker entdecken wir ihn. Schnaufend steigen wir an seiner Außenseite hinauf, auf schmalen Stufen, die definitiv nicht für Schuhgröße 40 gebaut wurden, dafür aber ganz schön steil sind. Wir erreichen die erste Plattform, die zweite, dann sind wir ganz oben, etwa 50 Meter über der Ebene, und laufen mit offenem Mund (vom Keuchen und vom Staunen) einmal rundherum.

Minütlich wird es heller bis eine glutrote, verschleierte Sonne über den Horizont lugt und die Landschaft um uns herum auf einmal Konturen bekommt. Mit jedem Sonnenstrahl, der den Boden erreicht, tauchen weitere Tempelspitzen aus dem staubigen Dunst auf. Erst jetzt werden uns die Dimensionen der Ebene von Bagan klar: In alle Richtungen, bis zum Horizont, sind wir umgeben von Pagoden in allen nur erdenklichen Formen und Baustilen.

Ganz in der Nähe chantet ein Mönch und ich wünsche mir, die Zeit anhalten zu können.

Doch die Sonne steigt unaufhaltsam höher und es wird merklich heißer. Nachdem wir den Ausblick in alle Richtungen zur Genüge bewundert und fotografiert haben, steigen wir vorsichtig von unserem Tempel herunter und erkunden die Pagoden ringsherum. In einer, die wir geduckt durch einen unscheinbaren Eingang betreten, finden wir uns unverhofft vor einem riesigen liegenden Buddha wieder. Die Strahlen der noch tief stehenden Sonne fallen durch ein Fenster genau auf sein lächelndes Gesicht.

Langsam aber sicher wird das Licht zu grell für schöne Fotos. Außerdem haben wir keine Lust auf eine Radtour bei über 40 Grad im Schatten (den es hier, in der Ebene, sowieso nicht gibt). Also schwingen wir uns wieder auf unsere Räder – und landen auf wundersame Weise nach einem kurzen Stück querfeldein auf einer asphaltierten Straße, die uns direkt nach Nyaung U zurück bringt. Unterwegs werden wir von einem LKW überholt, auf dessen offener Ladefläche junge Mönche stehen und uns fröhlich zuwinken.

Zurück im Hostel fallen wir in unsere Betten und in einen komatösen Schlaf, aus dem uns unsere knurrenden Mägen ein paar Stunden später wecken. Draußen herrschen inzwischen Saunatemperaturen. Obwohl es eine trockene Hitze ist, fühlen sich die Sonnenstrahlen an wie eine Keule, die man uns über den Kopf zieht. Planlos laufen wir die Straße hinunter und betreten einfach das erste Restaurant, das wir sehen. Eine junge Frau begrüßt uns erfreut, bringt uns sofort eine Karte und weist uns freundlich auf die bunte Thermoskanne und die ineinander gestapelten Porzellanschälchen auf unserem Tisch hin. Eine wirklich schöne Sitte in Myanmar: In jedem Café und Restaurant steht kostenloser grüner Tee für die Gäste bereit.

Der „tea leaf salad“ auf der Karte macht uns neugierig. Teeblattsalat? Noch nie gehört, geschweige denn probiert! Aber sollen wir es wirklich wagen, gegen das 1. Backpacker-Gebot beim Essen zu verstoßen, das da lautet „Koch es, schäl es oder lass es bleiben“?! Bisher sind wir damit ja immer ganz gut gefahren. Und trotzdem können wir nicht widerstehen – und bestellen eine Portion.

Überrascht begutachten wir den Teller, der uns wenig später gebracht wird. Rohkost ist das nicht! Der Salat besteht aus fermentierten Teeblättern, die mit Tomatenstückchen, fein geschnittenem Kohl, Erdnüssen, knusprigen (gerösteten?) Bohnen und Sesam vermischt wurden. Ein raffiniertes Spiel mit unterschiedlichen Geschmäckern und Texturen – köstlich! Und genau das richtige Essen bei diesen Temperaturen!

Wir haben noch einige Male während unseres Roadtrips Teeblattsalat bestellt, der zu unserem burmesischen Lieblingsgericht geworden ist. Aber nie schmeckte er so gut wie beim ersten Mal in Bagan. Wo er übrigens von einer auf dem Boden hockenden Frau zubereitet wurde, die anstelle einer Arbeitsfläche einfach eine große Plastikschüssel vor sich stehen hatte. Unsere Mägen haben den Salat bestens vertragen.

Unsere Tipps:

May Kha Lar Guesthouse: sehr freundliche und hilfsbereite Gastgeber, dazu eine große luftige und überdachte Terrasse, auf der man die heißesten Stunden des Tages verbringen kann. Nyaung U, Bagan, Tel. (95) 061 60304 oder (95) 061 60907.

Das Restaurant mit dem köstlichen Teeblattsalat befindet sich schräg gegenüber des May Kha Lar Guesthouse (in Richtung Hafen ein Stück die Straße runter).

Weather Spoon’s Restaurant Ein Touri-Lokal, das Essen ist aber wirklich lecker, z.B. frisch gefangener Fisch aus dem Irrawaddy aber auch gute Burger. Dazu „Myanmar“-Bier. Und kostenloses WiFi. Gegenüber dem Pann Cherry Guest House an der Hauptstraße von Nyaung U.

Weitere Episoden unserer Myanmar-Reise:

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Einige Stationen unsere 4-wöchigen Roadtrips

Habt ihr euch schon mal gewünscht, ihr hättet Asien vor 30 Jahren erleben können – vor der Ankunft der Backpackerhorden? Wir definitiv. Und unser Wunsch ist in Erfüllung gegangen: in Myanmar! 2012 waren wir vier Wochen lang mit Bus, Zug, Schiff, Ruderboot, Pickup, Sammeltaxi, Fahrradrikscha und Propellermaschine im Land unterwegs, vom Delta des Irrawaddy bis hoch in die Berge nahe der chinesischen Grenze. Während wir dort waren, fand die erste (halbwegs) demokratische Wahl nach jahrzehntelanger Militärdiktatur statt, zu der Aung San Suu Kyi mit ihrer Partei antreten durfte. Wir erlebten die Aufbruchstimmung im Land und lernten wunderbare, hoffnungsvolle und mutige Menschen kennen, die genauso neugierig darauf waren, sich mit uns zu unterhalten, wie wir mit ihnen.
Unsere Reise ist jetzt vier Jahre her und die Zahl der Touristen hat sich seitdem vervielfacht. Investoren kaufen Häuser und Land, internationale Konzerne versuchen den Markt zu erobern. Trotzdem – oder gerade deshalb – würden wir sagen: Besucht Myanmar! Jetzt!

Einige unserer (kulinarischen) Reiseabenteuer erzählen wir in mehreren Episoden hier im Blog – die einzelnen Stationen seht ihr oben auf der Karte.

Wart ihr selbst schon in Myanmar? Vielleicht sogar schon lange vor uns? Seid ihr vielleicht Overlander und mit dem Bulli durchs Land gereist? Oder mit dem Fahrrad? Habt ihr einsame Ecken bereist, die kaum ein Tourist zu sehen bekommt? Oder kennt ihr den besten Street Food Stand  des Landes?

Erzählt uns davon – wir freuen uns auf eure Kommentare!

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