Wanaka: Das Cheddar-Trauma und die Wiederentdeckung des Wein-Jellys


Cheddar hat nicht gerade den besten Ruf und ich behaupte: in 99% der Fälle zu Recht. Mit Grauen erinnere ich mich an die braungelben Blöcke, die in kanadischen Supermärkten (zumindest außerhalb Québecs) meist das einzige Käseangebot darstellten – neben „Mozzarella“, der mit dem italienischen Originalprodukt etwa so viel Ähnlichkeit hat wie ausgelutschter, im Kühlschrank aufbewahrter Kaugummi. Cheddar begegnete mir dort stets in Ein- oder Mehr-Kilo-Packungen, als wollte der Hersteller gleich klarstellen: Ihr bekommt so viel für euer Geld, da könnt ihr nicht auch noch Geschmack erwarten. Die einzige Erinnerung, die meine Zunge daran hat, ist jedenfalls eine haptische: gummiartig und ein wenig schmierig. Man könnte damit vermutlich auch ein zugiges Fenster abdichten.

Bis heute ist Cheddar, neben der englischen Sprache, ein eindeutiges Indiz dafür, dass man sich in einer (ehemaligen) britischen Kolonie befindet. Die Ironie, mit der meine neuseeländischen Freunde, die bereits seit längerem ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben, vom dortigen Käse sprachen, ließ bereits im Vorfeld unserer Reise nichts Gutes ahnen. Was sie aber, wohl gerade wegen ihrer längeren Abwesenheit, nicht wussten: In Neuseeland wird inzwischen auch richtig guter Käse gemacht. Es gibt sogar Wettbewerbe und Auszeichnungen. Mit etwas Glück findet man diese Exemplare auch im Supermarkt. Mehr Erfolg hat man allerdings (wie das ja auch bei uns der Fall ist) beim Käsestand auf dem Markt.

Der jeden Donnerstag stattfindende Wochenmarkt in Wanaka bestand (zumindest Mitte Oktober, das mag im Sommer anders sein) aus gerade mal vier, fünf Ständen. An einem wurden Eier, Gemüse und eine kleine Auswahl Käse verkauft. Der Inhaber erzählte mir von seinen glücklichen Hühnern, konnte mir zu jedem Gemüse genau sagen, wo in Neuseeland es geerntet wurde, und erzählte mir allerlei zu den kleinen Käsereien, deren Produkte er im Angebot hatte. Leider konnte ich nicht wie bei meinem Käsedealer in Berlin hier und da ein Stück probieren, weil die Käse eingeschweißt waren, deshalb kaufte ich blind zwei Cheddars, die mir der Verkäufer als „würzig, aber nicht stinkig“ und „ein wenig cremig“ beschrieben hatte. Und ich gebe zu: Die Auszeichnungen, die in Form von „Medaillen“ draufklebten, gaben mir zusätzliches Vertrauen.

In Wanaka gibt es außerdem ein kleines Lädchen namens „OrigiNZ“ – eigentlich ein Souvenirladen, in dem allerdings nur wirklich schöne, in Neuseeland hergestellte Dinge (oft handgefertigt) verkauft werden. Dort haben wir Wein-Jelly entdeckt – vom Chardonnay aus Otago. Das passte perfekt zu den beiden Cheddars, die tatsächlich richtig gut schmecken.

Und es erinnerte mich ebenfalls an Kanada: Wir hatten uns damals ein Gläschen Eiswein-Gelee als Souvenir mitgebracht und erst zuhause bemerkt, wie phantastisch es schmeckt. Viel zu schnell war es leer und als ich endlich einen kanadischen Winzer gefunden hatte, der seine Jellys auch international verschickt, schreckten mich die Versandkosten ab. Wer mir aus Kanada welches mitbringt, darf sich meiner ewigen Dankbarkeit sicher sein.

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2 Antworten zu „Wanaka: Das Cheddar-Trauma und die Wiederentdeckung des Wein-Jellys“

  1. Avatar von Stefan
    Stefan

    Wenn Ihr in Wanaka seid, dann kommt Ihr auch nach Queenstown. In Queenstown der Naehe vom AJ Hackett’s beruehmter Bungy-Bruecke gibts ne tolle Kaeserei… http://www.gvcheese.co.nz/index.html Gibbston Valley Cheese. Die hat uns damals „das Leben gerettet“ und den Glauben erhalten, dass es in einem Land mit ca. 50 Mio Schafen und ca. 15 Mio Kuehen guten Kaese geben MUSS!!!
    Schaut mal vorbei und deckt Euch ein 😉
    Und denkt an die Baeckerei neben dem Fergburger’s 😉
    Viele Spaesse noch 🙂 und Gruesse aus Tauranga
    Stefan

  2. Avatar von Julia
    Julia

    @Stefan: danke für den Tipp, da werden wir auf jeden Fall vorbeischauen, freu mich drauf!

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